Mein Regenerationsblog

 

Das Leben ist nicht immer Fair

01. Crash, Bergrettung & Helikopter

Am 02.06.2022 fuhren wir also gegen 10:00 Uhr mit der Gondel dem Berg vom Epic Bikepark Leogang hinauf. Oben angekommen, beschlossen wir die rote (mittelschwer) Abfahrt zu nehmen und uns ein wenig warm zu fahren. Nach den ersten 50 Metern entschieden wir uns jedoch um und wechselten auf die leichte blaue Line. Meine Schwester hatte erst kürzlich ein neues Fahrrad gekauft und muss sich erst einmal damit anfreunden. Ich fuhr als zweites und ärgerte mich über die Position meines Bremshebels, an dem ich ja die Tage davor herumgebastelt hatte und so wie ich aus einer Kurve fahre, drifte ich etwas zu weit nach rechts ab und fahre neben den Trail, welcher nur sehr locker befestigt ist. Leider konnte ich das Gleichgewicht nicht halten und ich knallte nach links auf dem Boden. Puh, was war das den komisches, dachte ich!? Mein Kumpel wartete 2 Kurven weiter unten und schüttelte nur verlegen mit dem Kopf. Ich stand mit dem rechtem Bein auf und als ich mit dem linken Bein einen Schritt weiter treten wollte, um mein Fahrrad wieder auf den Trail zu ziehen, schossen mir wahnsinnige Schmerzen in den Kopf. Das Knie gab nach und ich sackte nach unten ab. Die zwei am Rand stehenden fremden Mountainbiker und mein Kumpel kamen zu mir und halfen mir an den Rand. Ich zog die Knie- und Schienbeinschützer aus und war erst einmal erleichtert. Es ragte kein Knochen aus dem Knie, so wie man es aus schlechten Filmen kennt. Das Knie war angeschwollen und sah äußerst merkwürdig aus. Die Schmerzen waren extrem. Und was nun!? Ich konnte unmöglich laufen oder fahren. Ich fragte mich immer wieder: Wie war das passier? Wie konnte das passieren? Es nützt nichts, mich muss jemand vom Berg holen. Mein Kumpel schaute auf die Karte vom Bikepark und fand eine Notruf Nummer der Bergrettung und rief an. Nachdem er unsere Koordinaten mitteilte warteten wir. Alle waren geschockt. War das jetzt wirklich passiert? Von diesem kleinen Sturz? War der Junggesellenabschiedsurlaub vorbei? Was ist mit der Hochzeit in vier Wochen?
Es gab Momente, in denen ich mich auf harten Downhill Strecken über dem Lenker überschlagen hatte, aufstand, mich schüttelte und ohne einen Kratzer weiter fuhr. Und jetzt sollte ich von diesem kleinen Sturz K.O. sein? Alle waren Fassungslos.
Während wir auf die Bergrettung warteten, krümmte ich mich auf dem Boden. Die Schmerzen waren nicht auszuhalten. Ich hatte jedoch einen Funken Hoffnung in mir, dass die Kniescheibe nur ausgerenkt ist und ich in 2 Wochen wieder aktiv und mobil sein kann…

Motorgeräusche! Endlich, die Kollegen von der Bergrettung kamen mit 2 Quads, welche Sie ungefähr 100 Meter unter uns entfernt, an einem kreuzenden Schotterweg abstellten. Der restliche Weg musste zu Fuß überwunden werden.

Am Unfallort angekommen, wurde mein allgemeiner Zustand und der Unfallhergang abgefragt. Wie sind Sie gefallen? Sind Sie auf den Kopf gefallen? Waren Sie bewusstlos? Können Sie das Bein bewegen? Spüren Sie Ihr Bein und Ihre Zehen?

Der Bergrettung war nun auch klar, dass ich es alleine nicht wieder ins Tal schaffe, also wurde das linke Bein in einer Luftkammerschiene fixiert. Nun musste ich mich unter Höllenqualen, auf eine Trageliege hieven. Mit dieser Trageliege sollte ich nun Querfeldein, raus aus dem Wald und zu den Quads getragen werden. Da die freundlichen Bergretter nur zu zweit waren, mussten mein Kumpel und ein zusätzlicher Mountainbiker beim Tragen helfen. Es ging seitlich, steil den Berg hinunter. Teilweise durch nasses Moorgebiet und bei jedem rutschen und stolpern wurde mir fast schwarz vor Augen. Bei den Quads angekommen musste nun entschieden werden wie ich zur Erstversorgung in ein Krankenhaus transportiert werden kann. Es standen 3 Optionen zur Verfügung:

1. Option – Quad und Krankenwagen: Ich sollte mit den Quads ins Tal gebracht und anschließend mit dem Krankenwagen in das nächstgelegene Krankenhaus gefahren werden. Leider hätte ich dafür auf dem Rücksitz des Quads aufrecht sitzen müssen, da ein Transport mit der Trageliege am Quad nicht zulässig ist. Ich versuchte mich aus der Liegeposition aufzurichten um eine aufrechte Sitzposition auszuprobieren – leider kam ich keine 10 Zentimeter hoch. Damit war diese Option ausgeschlossen.

2. Option – Krankenwagen: Es müsste ganz klassisch ein Krankenwagen vom nächstgelegenen Krankenhaus in Zell am See gerufen werden. Der Krankenwagen würde gemäß den Bergrettern mindestens 1,5 Stunden die engen Schotterstraßen hinauf benötigen. Der Rückweg ins Krankenhaus wird dann durch die schlecht ausgebauten Alpenstraßen und der langen Fahrtzeit sehr Schmerzhaft und anstrengend.

3. Option – Helikopter: Die letzte Option bestand darin einen Rettungshelikopter zu rufen. Dieser könnte ungefähr 100 Meter unterhalb, auf einer grünen freien Wiese landen. Die Fahrtzeit sowie die Erschütterungen würden enorm minimiert werden. Der schnellste Weg ins Krankenhaus.

Ich war mir mit dem Helikopter sehr unsicher. Der Einsatz muss ja bezahlt werden und ich war mir absolut nicht sicher, ob meine Auslandsreiseversicherung für 8,00 € / Jahr diese Kosten übernehmen wird. Ich bat meine Schwester bei meiner Versicherung anzurufen, den Unfall zu melden und nachzufragen ob der Helikopterflug abgedeckt ist. Später musste ich feststellen, dass ein Hubschrauberflug nicht gleich ein Hubschrauberflug ist … Da kommt es auf die Definition an (später dazu mehr). Leider wurde meine Schwester von Servicetelefon zu Servicetelefon geleitet und es musste nun eine Entscheidung getroffen werden. Da niemand der anwesenden Personen den Schaden meines Knies einschätzen konnte und ich Angst hatte, schwerwiegende Folgeschäden wegen einer zu spät erfolgten Erstversorgung zu erleiden, entschloss ich den Helikopter rufen zu lassen.

Nach 10 Minuten landete dann endlich der Rettungshubschrauber und die mitgeflogene Ärztin wurde mit den Quads zu mir gefahren. Wieder die eingängigen Fragen, wie bereits vorher beantwortet. Schmerzskala? 10 von 10! Aber sowas von. Sie legte mir einen Venösen Zugang, um mir direkt Schmerz- und Beruhigungsmittel in die Venen zu spritzen. Es wurde tatsächlich ein wenig entspannter.

Nun wurde ich mit meiner Trage, etwas provisorisch quer auf das Quad geschnallt um zum Helikopter transportiert zu werden. Die Ärztin nahm neben mir auf dem Quad Platz und ich hatte bei jeder kleinen Erschütterung das Gefühl mit der Trageliege vom Quad zu rutschen.

Der Flug verlief sehr unspektakulär. Ich muss zugeben, dass ich mir das etwas aufregender Vorgestellt hatte. Wenigstens hatte der Rettungshubschrauber seitliche Fenster und ich konnte mit dem anheben meines Kopfes, ein paar wenige Blicke auf die wunderschöne Landschaft erhaschen. Ich bat die sehr freundliche Ärztin, wenigstens ein Bild von mir zu machen. Wenn ich schon das volle Programm mitnehme und einen teuren Helikopterflug buche, dann doch wenigstens mit Fotos, Galgenhumor ist schon immer mein Ding gewesen…

Selfie in der Gondel auf dem Weg zur 1. Abfahrt im Bikepark Leogang

Die Quads der Bergrettung Leogang

Abtransport aus dem Wald – noch auf dem Trail geht es bald Querfeldein

Weitertransport zum Helikopter mit der Ärztin und der Bergrettung

Foto im Helikopter